„ Vor mittlerweile sechs Jahren erlebte die erste Ausgabe der Normungsroadmap Industrie 4.0 ihre Premiere. In dieser Zeitspanne hat sich Industrie 4.0 vom Schlagwort zum praxiserprobten Ansatz entwickelt und beschreibt mittlerweile eine ganz neue Stufe der Produktion sowie der Organisation und Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette. Industrie 4.0 bedeutet technologisch eine Verschmelzung von IT (Information Technology) und OT (Operational Technology).
Dies führt zu einer signifikanten Überschneidung von bislang voneinander getrennten Normungs- und Standardisierungsbereichen. Fragestellungen, Anforderungen und Arbeitsweisen, die zuvor z.B. für die Branche der Informations- und Kommunikationstechnologien relevant waren, betreffen nun in noch stärkerem Maße auch den Maschinenbau und die Elektroindustrie.
Mit der Ausgabe „Version 4“ möchten wir eine Vision für Industrie 4.0 formulieren: das Erreichen der Interoperabilität. Darunter verstehen wir, dass Maschinen in vernetzten digitalen Öko-systemen interoperabel miteinander kommunizieren. Nur ein hohes Maß an Interoperabilität, sichert die Vernetzung über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg. Dazu braucht es Standards und Integration, einen einheitlichen regulatorischen Rahmen sowie dezentrale Systeme und Künstliche Intelligenz.“
(Prof. Dr. Dieter Wegener Vorsitzender SCI 4.0 Beirat DKE Vizepräsident Sprecher ZVEI-Führungskreis Industrie 4.0)
Deutsche Normungsroadmap Industrie 4.0 - Version 4:
Eine Vorlage zur Gestaltung des digitalen Ökosystems
Die Normungsroadmap Industrie 4.0 ist seit Jahren ein zentrales Dokument zur Beschreibung der Normungsstrategie für Industrie 4.0. Folglich stellt der Prozess der Erarbeitung der Normungsroadmap gleichzeitig eine Fortschreibung der Normungsstrategie dar. Vor sechs Jahren wurde die erste Ausgabe der Normungsroadmap Industrie 4.0 veröffentlicht.
Am 16.7.2020 erfolgt die Vorstellung der 4. Edition. In den vergangenen sechs Jahren hat sich Industrie 4.0 vom Schlagwort zum praxiserprobten Ansatz entwickelt und beschreibt mittlerweile eine ganz neue Stufe der Produktion sowie der Organisation und Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette.
Die neue Edition der Roadmap greift aktuelle Trends der Plattform Industrie 4.0 aber auch der technischen Community auf.
Das letztes Jahr vorgestellt Leitbild 2030 der Plattform Industrie 4.0 formuliert einen ganzheitlichen Ansatz zur Gestaltung digitaler Ökosysteme und richtet die Entwicklung von Industrie 4.0 neu aus. Drei zentrale strategische Handlungsfelder sind dabei maßgebend: (1) Souveränität, (2) Interoperabilität und (3) Nachhaltigkeit.
Diesen Gedanken greift das „Standardization Council Industrie 4.0“ (SCI 4.0) auf und setzt sich zum Ziel, die Zusammenführung dieser Lösungsansätze gemeinsam mit DIN und DKE, mittels der Formulierung von normativen Empfehlungen, voranzutreiben. Auf technischer Seite werden aktuelle Trends aufgegriffen.
Als Beispiel haben sie das Thema industrieller Anwendungen von künstlicher Intelligenz genannt. In diesem Themenbereich sind in den letzten zwei Jahren zahlreiche Aktivitäten gestartet worden. Diese Aktivitäten und Trends werden aufgegriffen und mit den Anforderungen industrieller Anwendungen abgeglichen. Daraus werden konkrete Handlungsempfehlungen für die zukünftige Normungsarbeit abgeleitet.
Zur Hannover Messe 2018 stellt das Standardization Council Industrie 4.0 (SCI 4.0), gemeinsam mit DIN und VDE|DKE, die dritte Ausgabe der Normungsroadmap „Industrie 4.0“ vor. Die Autoren – Experten aus Wirtschaft, Forschung, Wissenschaft und Politik – beschreiben in der Roadmap den aktuellen Entwicklungsstand von Industrie 4.0, skizzieren die Anforderungen an Normen und Standards und geben Impulse für eine erfolgreiche Umsetzung. Das Dokument thematisiert die Rolle des Menschen im automatisierten Umfeld, die Harmonisierung von Smart-Manufacturing-Komponenten, Referenz- und Datenmodelle in Industrie 4.0 sowie Kommunikationstechnologien, Servicerobotik und rechtliche Aspekte.
„Deutschland muss sich im internationalen Wettbewerb um die besten Lösungen und Konzepte für Industrie 4.0 behaupten. Dafür sind ein ganzheitliches Vorgehen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Industrie sowie Normen und Standards unerlässlich – nicht zuletzt, um diese Lösungen erfolgreich global umzusetzen und zu etablieren“, sagt Prof. Dr. Dieter Wegener, Beiratssprecher des SCI 4.0.
Die Normungsroadmap soll auch in Zukunft auf Basis neuer Erkenntnisse – beispielsweise aus den Forschungsprojekten und der Arbeit in den Normungsgremien – regelmäßig weiterentwickelt werden. Wir möchten daher dazu aufrufen und motivieren, sich auch im Anschluss an die Veröffentlichung der dritten Ausgabe mit Kommentaren und vor allem Mitarbeit an diesem Prozess zu beteiligen.
Denn wir haben ein Ziel vor Augen: die Normungsroadmap Industrie 4.0, Version 4.
Seit der Veröffentlichung der Ausgabe 3 vor zwei Jahren konnten wichtige Normungsprojekte zunächst national initiiert und nachfolgend auf internationaler Ebene umgesetzt werden.
Use Cases als konzeptioneller Ansatz
Bereits die vorherige Ausgabe der Roadmap hatte eine konzeptionelle Trennung von Problembeschreibungen und Lösungsansätzen erkannt und erstmalig ein eigenständiges Kapitel „Use Cases“ formuliert. Mit der neuen Ausgabe werden Use Cases noch stärker als ein Instrument begriffen, um eine Brücke von den treibenden Herausforderungen bis zu den entsprechenden möglichen technischen Lösungsansätzen, zu schlagen. Zudem bieten Use Cases die Möglichkeit, neue Anforderungen an eine Normung und Standardisierung abzuleiten und sind ein zentraler Schlüssel zur Gestaltung klarer Handlungsempfehlungen.
Verwaltungsschale als zentraler „Integrationsstecker“ für digitale Ökosysteme
Seit der Veröffentlichung der vergangenen Ausgabe, konnten wichtige Handlungsempfehlungen las Normungsprojekte national initiiert und nachfolgend auf internationaler Ebene umgesetzt werden. Ein prominentes Beispiel ist die Definition geeigneter Datenstrukturen zum Austausch von Daten und deren festgelegter Bedeutung. Für diesen Austausch wurde in Deutschland das Konzept der Verwaltungsschale entwickelt. Mit der Annahme des Normungsantrages zur IEC 63278-1 ED1 „Asset administration shell for industrial applications – Part 1: Administration shell structure” bei IEC/TC 65, sind die Weichen gestellt, um über weitere Handlungsempfehlungen die Verwaltungsschale als zentralen „Integrationsstecker“ für digitale Ökosysteme weiter zu gestalten.
Künstliche Intelligenz in Industrie 4.0
Erstmals geht die Normungsroadmap Industrie 4.0 auf den Einsatz von KI in industriellen Anwendungen ein. Dieser kann, je nach Anwendungszweck und Funktion der KI, Einfluss auf die Erfüllung von in Normen beschriebenen Anforderungen beeinflussen. Wird beispielsweise KI-Technologie eingesetzt, um das Verhalten automatisierter Funktionen anzupassen, muss der Einfluss der Handlungen der KI auf das automatisierte System bei der Konformitätsbewertung berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere auch für industrielle Anwendungen mit Anforderungen hinsichtlich funktionaler Sicherheit auf die in der neuen Roadmap ebenfalls eingegangen wird.
Deutschland übernimmt Verantwortung in der Industrie-4.0-Normung
Mit dem Förderprojekt GoGlobal Industrie 4.0 unterstützt das BMWi seit Dezember 2017 die globale Harmonisierung nationaler Industrie 4.0-Konzepte durch das SCI 4.0. Die kooperierenden Länder sind in aller Regel in der internationalen Normung aktiv vertreten, so dass eine frühzeitige, konsensuale Zusammenarbeit zielführend ist. Die Stabilisierung der Konzepte durch den bi- und trilateralen Gesprächskanal ist aus deutscher Perspektive unerlässlich, um diese Arbeiten mit den entsprechenden internationalen Normungsgremien zu synchronisieren.
Das Autorenteam
"Die Normungsroadmap Industrie 4.0 ist ein strategisch und technisch orientiertes Dokument, das sich auf die nationale Normung konzentriert. Mit der vierten Ausgabe wollen wir wichtige Grundlagen für die Gestaltung des digitalen Ökosystems und die Unterstützung der Interoperabilität in der vernetzten Produktionswelt schaffen.
Das Dokument hat eine sehr konkrete Motivation, nämlich umsetzbare Handlungsempfehlungen zu entwickeln und aufzugreifen und alle am Prozess Industrie 4.0 interessierten Akteure in Deutschland einzubinden.
Am Ende des Prozesses geht es darum, digitale Produktionsstandards zu initiieren und zunächst national und dann international zu koordinieren. Wir erwarten, dass sie nicht nur die Vision von Industrie 4.0 vorantreibt, sondern auch den Mittelstand unterstützt und als "Türöffner" für die digitale Fertigung fungiert. "
(Olga Meyer, Fraunhofer IPA und Arbeitskreisvorsitzende des AK Normungsroadmap)
Unter der Leitung von Olga Meyer, Mitarbeiterin beim Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, hat der Arbeitskreis 1941.0.1 "Normungsroadmap" die vierte Version der Normungsroadmap erarbeitet.
Folgende Personen haben daran mitgewirkt: